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Die erste Lehrveranstaltung – mein Interesse ist neu geweckt

Am Montagabend führte PD Dr. Wendte ins Seminarthema ein: „Die vielen Gesichter Jesu Christi. Die Systematische Theologie vor der Herausforderung durch afrikanische und asiatische Christologien“.

Bevor ich den Seminarraum betrat, zögerte ich etwas: „Soll ich mich tatsächlich zu diesen Jungen setzen, die jünger sind als meine Kinder?“ Ich war tatsächlich der einzige Gasthörer, insgesamt waren wir 15 Studenten/innen (7m/8w). Eine Vorstellungsrunde zeigte eine große Spanne von Vorerfahrungen mit dem Thema bis hin zu „Ich habe kein Vorwissen und keine Erwartungen …“ zwinkernd

 

Es geschehen in unserer Welt ja gerade tatsächlich atemberaubende Verschiebungen. Etwa 1/3 der Weltbevölkerung sind christlich geprägt – dieser Anteil ist in den letzten 100 Jahren relativ stabil geblieben (bei einer stark angewachsenen Bevölkerungszahl). Während allerdings vor 100 Jahren noch 80% der Christen in den Industrieländern des „globalen Nordens“ (also insbesondere in Europa, Nordamerika etc.) lebten, sind es heute nur noch 40%. Die Mehrheit der Christen lebt heute im „globalen Süden“ (z.B. Afrika, Südamerika, Asien), die Tendenz ist steigend. In Brasilien leben doppelt so viel Katholiken wie in Italien, in Kenia doppelt so viel Protestaten wie in Deutschland.

Das Evangelium hat immer auch eine kulturelle Gestalt. Wer das bestreitet und ein kulturunabhängiges Evangelium behauptet, verschleiert eher sein europäisch geprägtes Verständnis des Evangeliums. In Christus ist Gott Mensch geworden – und das Evangelium inkarniert sich fortwährend und unabgeschlossen in andere als die Kulturräume des Mittelmeerraums oder Europas. Das wird von den Missionswissenschaftlern seit den 60er und 70er Jahren längst bedacht – aber hat es nicht auch eine Bedeutung für die „Systematische Theologie“ (in der die Lehre des Glaubens und hier speziell die Christologie, die Lehre von Christus entwickelt wird)? Verpassen wir nicht etwas von der Fülle Christi, wenn wir uns mit diesen Verwirklichungsformen des Evangeliums nicht bekannt machen? Ich finde das eine sehr spannende Frage, auch weil sich ja auch bei uns in Deutschland die Kultur gewandelt hat und wandelt. In Afrika wird Jesus vielfach als „Heiler“ erfahren. In Japan wurde christliche Theologie auf dem Hintergrund einer vom Buddhismus geprägten Kultur entwickelt.

Wir werden dazu einige Autoren lesen, ca. 40-50 Seiten pro Woche, zu einem großen Teil auf englisch (Wendte: „Begreifen Sie diese Herausforderung als Chance!“). Wenn ich das auf 6 Lehrveranstaltungen hochrechne, komme ich auf bis zu 300 Seiten pro Woche und also mehrere tausend Seiten Fachliteratur in diesem Semester – ein strammes Pensum, das sich sicherlich nicht lückenlos umsetzen lässt. Ich werde wählen müssen, was ich wie intensiv betreiben will.

Jedenfalls sind mein theologischer Appetit und meine Neugier geweckt. Die anstehenden Referate und Protokolle werde ich überwiegend den jungen, „ordentlichen“ Studenten/innen überlassen …

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