Entsorgt oder bestattet? (Gedanken zum Sonntag, 9.2.2025)
Gelegentlich denke ich ans Ende meines Lebens und meine Bestattung. An diesen Gedanken möchte ich Ihnen Anteil geben. Zugleich ist das eine etwas heikle Kiste – schließlich wirke ich als Pfarrer an Bestattungen in ganz verschiedenen Formen mit. Also: Dies ist keine Bewertung von irgend jemandem. Es geht hier um meine persönlichen Überlegungen.
Zwei Hauptformen gibt es in unserem Kulturraum: Urne oder Sarg, verbrennen oder verwesen. Ich höre manchmal, dass Menschen sich mit dem Gedanken schwer tun, dass einmal Würmer durch ihren Leichnam kriechen. Aber ist die Alternative besser: Bei etwa 1000 Grad unter hohem Energieaufwand und CO2-Ausstoß verbrannt werden? Wobei die nicht völlig verbrennbaren Knochen in einer Art Kaffeemühle danach noch klein gemahlen werden? Im Ernst: Beide Vorstellungen sind albern, schließlich bin ich dann tot und habe in meinem „alten“ Leib keine körperlichen Empfindungen mehr. Mich mutet die Verbrennung aber eher wie ein industrieller Entsorgungsvorgang an: Schnell und unter großem technischen Aufwand in kleinem Format beisetzbar gemacht werden. Wozu dieser maschinelle und energetische Aufwand? Für diesen CO2-Ausstoß kann ich auch noch mal ans Meer fahren. Wenn ich gestorben bin, hat mein Leichnam ja nun wirklich Zeit. In der Erde zu Erde werden über 10 bis 20 Jahre – das erscheint mir weniger gewalttätig, weniger energieaufwändig, natürlicher und würdevoller.
Die zweite Frage heutzutage ist: Friedwald oder Friedhof? Der Wald ist (auch wenn er Wirtschaftsraum ist) eher „wildes Gebiet“. Wildschweine und Rehe suchen dort nach Nahrung. Die Vorstellung, in der Natur in deren Kreislauf zurückzukehren hat etwas. Aber wozu dann den Verbrennungsvorgang vorher – der zerstört für mich die Romantik. Womit ich aber mehr fremdele ist, dass Bestattungsbäume weit außerhalb liegen und für auch alte und im Gehen eingeschränkte Angehörige fast nicht mehr erreichbar sind. Aus den Augen – aus dem Sinn?
Mir gefällt der alte Gedanke, dass die, die verstorben und uns vorausgegangen sind auf eine gewisse Weise Teil der Gemeinschaft bleiben. Die ersten Friedhöfe lagen um Kirchengebäude herum – beim Kirchenbesuch ging man an den Gräbern vorbei. Heute liegen Friedhöfe oft am Rande einer Ortschaft, aber eben fußläufig und meist ebenerdig erreichbar, sind Teil des „kultivierten Raumes“ und des Ortes, in dem ich einige Zeit gelebt habe.
Also: Ich sympathisiere mit einer einfachen Erdbestattung in einem Friedhof. In einem einfachen Sarg und einem Grab ohne feste Einfassung und großen Stein mit winterfester Bepflanzung – so etwas ist heute ja zum Glück an vielen Orten zu ähnlichen Kosten wie ein Urnengrab zu bekommen. Ich möchte nicht anonym irgendwo unter die Erde gebracht werden. Ein kleiner Stein oder ein Schild mit meinem Namen soll den Ort, an dem die eine oder der andere an mich denken will, markieren.
Bei solchen Fragen geht manchmal etwas unter: Ich bin nicht nur Körper, sondern auch Geist oder Person. Wichtiger als die Frage nach meinem Sterben und meiner Bestattung ist mir die Frage: Wie möchte ich gelebt haben? Was möchte ich hinterlassen (nicht vor allem an Dingen oder Geld, sondern an Eindrücken bei anderen Menschen)? Ich möchte auch, aber nicht nur für mich und meine Kleinfamilie gelebt habe. Ich möchte geliebt haben und geliebt worden sein. Ich möchte auf der Suche und in Begegnung mit dem lebendigen Gott gelebt haben.